LSG Parthenaue

Veröffentlicht am 3. April 2021 um 19:55

Die Parthenaue ist die letzte durch den Braunkohletagebau und massive Flussregulierung nicht grundlegend umgestaltete historische Kulturlandschaft in der Leipziger Region.

Das Gebiet umfasst die Landschaftsschutzgebiete Partheaue und Tauchaer Endmoräne sowie zahlreiche Flächennaturdenkmäler bzw. geschützte Biotope und wird touristisch erschlossen von:

  • 25 km Parthewanderweg (vom Mariannenpark über Taucha nach Zweenfurth),
  • 51 km Parthe-Mulde-Radroute (vom Rosenthal nach Grimma),
  • 14 km Radwanderweg zu den Lübschützer Teichen und
  • 2 Naturlehrpfaden (Plaußiger Wäldchen und Staditzwald).

Die Parthe ist klein, fast nur ein Bach. Sie entspringt im Glastener Forst bei Bad Lausick und mündet schon nach 56 Kilometern mitten in Leipzig, knapp hinter dem Zoo, in die Weiße Elster. Was ist das Besondere an dem durch sie geprägten Landschaftsraum? 

Landschaft ist geteilter Raum

Der Blick in die Parthenaue vor den Toren der Stadt Leipzig offenbart eine streng nach Funktionen wie Wohnen, Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft und Verkehr unterteilte Landschaft. Diese räumliche Trennung, auch Segregation genannt, ist eine relativ junge Form landschaftlicher Teilung. Sie ist eine Folge der wachsenden gesellschaftlichen Differenzierung und Arbeitsteilung von Industriegesellschaften und markiert einen entscheidenden Unterschied zu früheren Phasen der landschaftlichen Entwicklung.

Alte Dorf- und Kleinstadtstrukturen korrespondieren nämlich vielfältig mit den naturräumlichen Bedingungen, so auch in der Parthenaue: Hier wichen die Häuser der Parthe aus, dort schmiegten sie sich an sie an, hier verknüpften kleine Wege die Siedlung mit den umgebenden landwirtschaftlichen Flächen, dort teilten Gehölze verschiedene Nutzungen oder Besitzungen voneinander ab. Dass die alten Siedlungen geradezu in die Parthenaue hineingewachsen waren, lässt sich an ihren Strukturen z.B. in Sehlis noch gut ablesen.

Diese gewachsene räumliche Verflechtung verschiedener landschaftlicher Prägungen ist für den Leipziger Raum von besonderer Bedeutung, da große Teile des Leipziger Umlandes durch die Braunkohle in Anspruch genommen wurden. Die Parthe ist zwar im Leipziger Stadtraum und auch in der offenen Landschaft über weite Strecken kanalisiert, verrohrt und überbaut, man kann aber an vielen Stellen noch den historischen Auencharakter erkennen, der sich als Mosaik von Wassernutzungen (Mühlen, Teiche), Grünland und dörflichen Siedlungsstrukturen darstellt.

Betrachten wir dagegen die neuen Wohn- und  Gewerbegebiete im Partheland, offenbart schon ihr geometrischer Zuschnitt, dass in ihrer Anlage ganz andere als naturräumliche Kriterien wie das Eigentum oder das Planungsrecht dominierten. Landwirtschaft, Siedlung, Gewerbe und Verkehr sind scharf voneinander getrennt, auch Naherholung und Naturschutz scheinen zunehmend eigene, privilegierte Bereiche zu beanspruchen und nicht mehr ohne weiteres als Funktion des Gesamtraumes auffindbar zu sein. 

Flächeninanspruchnahmen

Die Parthenaue ist schon seit Jahrtausenden wegen der Gewässernähe und der fruchtbaren Aue ein beliebtes Siedlungsgebiet. Auch Leipzig selbst ist streng genommen eine Parthegründung. Heute lässt sich eine Siedlungskette von 34 Dörfern und Städten entlang der Parthe finden.

Diese dichte Abfolge von Siedlungen prägt den Landschaftsraum. Unter den Flußauen im Leipziger Raum, findet sich keine, deren Kirchen dermaßen die Landschaft prägen wie am Unter- und Mittellauf der Parthe. Für ihre Anlage wurden gerne die flussnahen Kuppenlagen der Endmoräne genutzt (Kühn 2002, S. 78). Beispiele hierfür sind die Kirchen von Beucha, Panitzsch und Thekla, die landläufig als die „drei Hohepriester“ des Parthelandes bezeichnet werden.

Kirche Panitzsch

Die Siedlungen entlang der Parthe entwickelten sich bis Ende des 19. Jahrhunderts recht langsam und orientierten sich funktional an den naturräumlichen Gegebenheiten der Umgebung.

Infolge der Industrialisierung stieg am Ende des 19. Jahrhunderts die Bevölkerungszahl der Stadt Leipzig rasant an. Ein erster, massiver Bauboom ergriff die stadtnahe Parthenaue zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg. In dieser Zeit entstanden die ersten Wohnsiedlungsbauten in Selbsthilfe (z. B. Otto-Kögel-Siedlung in Thekla, 1926), die sich schnell zu Großsiedlungen (z. B. Moränensiedlung in Portitz) entwickelten (Nabert 2002, S. 95). Im Zuge der Kriegsvorbereitungen folgten dem Wohnungsbau zahlreiche Rüstungswerke wie die Mitteldeutschen Motorenwerke (MiMo) oder die Junkers Flugzeugwerke (Nabert 2002, S. 96–97). Bereits 1913 wurde im Norden Mockaus (heute Neue Messe) der Leipziger Luftschiffhafen eröffnet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Wiedervereinigung 1990 erfolgte die Anlage mehrerer Siedlungen des komplexen Wohnungsgroßbaus in Mockau, Schönefeld und Thekla. Diese Siedlungsformen verkörpern den absoluten Gegensatz zu den gewachsenen Dorfstrukturen entlang der Parthe.

Zudem entstanden „auf der grünen Wiese“ bis in die 2000er Jahre zahlreiche Industrie- und Gewerbestandorte in verkehrsgünstiger Lage am Stadtrand. Insbesondere im Leipziger Norden veränderten sich das Erscheinungsbild und die Nutzung der Landschaft radikal infolge der Flächeninanspruchnahme durch Gewerbe und Infrastruktur, zum Beispiel für die Neue Messe oder das BMW-Werk.

Nicht nur die Flächeninanspruchnahme für Wohnen und Gewerbe führte zu Verlusten. Eine Bundesautobahn, die A14, und zwei Bundesstraßen, die B6 und die B87 durchschneiden das Partheland. Eine weitere wichtige Verkehrsader ist die Eisenbahnstrecke Leipzig – Dresden welche die Parthe in Borsdorf quert.

Lediglich das Taucha-Eilenburger Endmoränengebiet zwischen Taucha und Borsdorf ist als letzter größerer unzerschnittener Raum erhalten geblieben und ragt damit – noch dazu in unmittelbarer Nähe zur Stadt Leipzig – markant aus dem Umland hervor

https://stadtpartheland.de/?p=1408


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