Als Spitzbube im Mittelalter unterwegs - November 2023


Jüterbog – Stadt des Anstoßes

DIE ABLASSBRIEFE VON TETZEL UND DER KANZLEISTREIT


Entdecken Sie Jüterbog – die „Stadt des Anstoßes“ der Reformation, wo der Dominikanermönch Johann Tetzel 1517 die Angst vor dem Fegefeuer schürte und für den Ablass predigte. Originale Ablassbriefe aus dem 15. und 16. Jahrhundert sind noch heute im Museum im Mönchenkloster zu besichtigen, ebenso der eindrucksvolle Fegefeuer-Altar von Cranach oder der legendäre „Tetzelkasten“ in der Jüterboger Nikolaikirche.

Die Stempelstelle für den Lutherpass befindet sich im Mönchenkloster Jüterbog / Klosterquartier


10 km - Jüterbog-Wilhelm-Kempff-Weg-Schlosspark-Mönchenkloster-Markt-Zinnaer Tor-Planeberg-Neumarkttor-Eierturm-Wehrturm Schulstraße-Tetzelkapelle-Nikolaikirche-Markt-Pulverturm-Mäuseturm-Südlicher Turm am Dammtor-Nördlicher Turm am Dammtor-Dammtor-Liebfrauenkirche-Schloßpark-Wilhelm-Kempff-Weg-Jüterbog


Jüterbogs historischer Stadtkern ist wohl einzigartig auf der Welt.  Die drei Klöster: Kloster Zinna, Mönchenkloster und das Liebfrauenkloster; drei Stadttore: Dammtor, Zinnaer Tor und Neumarkttor; zahlreiche Wehrtürme und das älteste Rathaus Brandenburgs und natürlich die unverkennbaren Kirchtürme der Nikolaikirche vermitteln dem Besucher einen mittelalterlichen Eindruck.

Der Bahnhof Jüterbog liegt an den Bahnstrecken Berlin–Halle

Am Goethe-Schiller-Gymnasium

Noch heute ist die Altstadt von Jüterbog durch die Bauten des Mittelalters geprägt. Sofort fallem dem Besucher die gewaltigen Türme von St. Nikolai ins Auge, oder auch die drei Stadttore, durch die man in die Altstadt gelangt. Jüterbog war über die Jahrhunderte hinweg immer wieder Schauplatz bedeutender historischer Ereignisse:

Martin Luther schlug im benachbarten Wittenberg seine Thesen zur Reformation der Kirche an die Tür, als Ablassprediger Johann Tetzel in Jüterbog zu Gange war,

Wallenstein weilte während des 30jährigen Krieges hier,

der Preußenkönig Friedrich eröffnete den Siebenjährigen Krieg von Jüterbog und zu Kaiser-Wilhelm-Zeiten galt Jüterbog als größte Garnisonsstadt Deutschlands.

In der Zeit der Deutschen Romantik schrieb Achim von Arnim aus dem benachbarten Wiepersdorf an "Des Knaben Wunderhorn", Theodor Fontane verewigte Jüterbog in seinen "Wanderungen durch die Mark Brandenburg"  und wer kennt nicht das Märchen vom "Schmied zu Jüterbog", der den Tod mit Birnbaum und Kohlesack austrickste? Ludwig Bechstein schrieb das Stadtmärchen auf.

Während der Zeit der Nationalsozialisten war Jüterbog Ausbildungsstätte für sämtliche Rechtsreferendare der Jahrgänge 38 - 44 Deutschlands, zu DDR-Zeiten einer der größten Standorte der stationierten Truppen der Sowjetunion. In Jüterbog sind nahezu aus allen Epochen der Geschichte Spuren zu entdecken und erkunden.

Der Schlosspark von Jüterbog

Die Bezeichnung des Parks geht auf eine mittelalterliche Burg zurück, die im Jahr 1161 urkundlich erwähnt ist. Von ihr sind keine Spuren mehr vorhanden. Die im 21. Jahrhundert vorhandene Struktur wurde im Wesentlichen in den 1930er Jahren angelegt. In den 1960er und 1970er Jahren erfolgten leichte Umgestaltungen, bei denen unter anderem im westlichen Teil neben dem Schlossteich ein Tierpark angelegt wurde. Im östlichen Teil liegt der kleinere Karpfenteich.

Graben 87

Schlossteich

unbekannter Graben

Die Stadtbefestigung

Die Stadtbefestigung galt als eines der wichtigen Bestandteile des mittelalterlichen deutschen Stadtrecht. Die Stadt Jüterbog besitzt die älteste, zumindest teilweise erhaltene Befestigung des Landes Brandenburg. Zur Stadtbefestigung gehören die Mauer, Weichhäuser, Türme, Basteien und drei Toranlagen. 

Im Nordwestteil sind noch Teile der Stadtmauer erhalten. So befindet sich im Bereich des Dammtores ein Mauerstück aus Feldsteinen. Nördlich des Dammtores befindet sich eine halbrunde Bastei. Die Nordwestecke wird durch einen Rundturm markiert. Nördlich des Mönchenklosters ist ein weiter Abschnitt erhalten. Im Abschnitt von Wursthof bis Zinnaer Tor ist der Mauerverlauf fast vollständig erhalten. An der Ostseite des Zinnaer Tores befinden sich nur Ansätze der Stadtmauer. Im südlichen Teil sind heute nur noch drei Türme erhalten. Es handelt sich um viereckige Türme aus dem 15. Jahrhundert. Im Südwesten befindet sich der längste Teil der heute noch vorhandenen Mauer.

Zinnaer Tor

Neumarkttor und Dammtor

Zinnaer Tor

Von den Stadttoren sind noch alle drei Tore in wesentlichen Teilen erhalten. Es sind das Zinnaer Tor, das Neumarkttor und das Dammtour. An dem Zinnaer Tor hängt noch heute die Jüterboger Keule und eine Tafel. Auf der Tafel steht:

„Wer seinen Kindern giebt das Brodt und leidet nachmals selber Noth, den schlage man mit der Keule todt“. Über die Bedeutung gibt es nur Mutmaßungen. Die Jüterboger Keule befand sich bei allen drei Toren.

Eierturm

Zinnaer Turm

Wehrturm Schulstraße

Die Klöster und Kirchen zu Jütebog

Mit der Gründung des Franziskanerklosters um 1480 begann der Kirchenbau mit dem Chor im nordwestlichen Teil des mittelalterlichen Jüterbogs nahe der alten  Stadtmauer. Das Gebäude ist eine dreischiffige Backsteinhalle, die erst 30 Jahre später um 1510 fertiggestellt wurde. Kloster und Kirche konnten sich aber keiner langen Blütezeit erfreuen. Der Franziskaner Bernhard Dappen denunzierte Thomas Müntzer, der Ostern 1519 auch in Jüterbog predigte, beim Bischof von Brandenburg. Der Name "Lutheraner" wurde erstmalig benutzt. 1564 erfolgte die Übergabe des Klosters an die Stadt. Die Klosterkirche wurde evangelische Pfarrkirche und das Klostergebäude wurde Gymnasium. 1577 baute Georg Schröter aus Torgau die Kanzel in das Kirchenschiff ein. 1863 wurde die Knabenschule an der Stelle des ehemaligen Nordflügels eingeweiht. 1963 fand der letzte Gottesdienst statt. Nach einem vollständigen Umbau eröffnete hier 2005 das "Kulturquartier Mönchenkloster".

Das ehemalige Mönchenkloster im Zentrum der Stadt ist heute Ort der Kultur und beherbergt seit 1985 die Stadtbibliothek und die Theater- und Konzertstätte. 2005 zogen das Museum, die Stadtinformation und das Archiv mit in den Gebäudekomplex ein.

Die Ablasspredigen des Dominikaners Johann Tetzel in Jüterbog sollen Martin Luther 1517 zu seinen Reformationsthesen bewegt haben. Zwei Jahre später predigte der spätere Bauernführer Thomas Münzer dort.

Jüterbog sei mit dem Wirken des Mönches und Ablasspredigers Johann Tetzel (1465–1519) einer der authentischsten Orte der Reformationsgeschichte in Brandenburg. Tetzel verkaufte Anfang des 16. Jahrhunderts seine Ablassbriefe in Jüterbog, nachdem ihm der Verkauf im nahen Wittenberg verwehrt wurde. In der Reformationsgeschichte stehe die Stadt Jüterbog vor allem für das Auftreten des Ablasskommissars Johann Tetzel, hieß es bei der Kampagne „Kulturland Brandenburg“: „Die Person Tetzel repräsentiert den vorreformatorischen Ablasshandel.“ Über den Handel mit Ablass nahmen die katholische Kirche und ihre Bischöfe Geld unter anderem für den Bau von Kirchen ein. Die Käufer der Ablassbriefe wollten sich damit von Sünden befreien.

Von der Klosteranlage Liebfrauen existieren heute nur noch die Kirche und der nördliche Klausurflügel. Diese Kirche in romanischer Basilikaform ist die ‚Mutter‘ aller Kirchen des Jüterboger Landes. 1173/74 das erste Mal geweiht, ist sie auch die älteste. Zunächst als Kirche der christlich flämischen Siedler gebaut und dem Prämonstratenserkloster Gottesgnaden bei Calbe unterstellt, wird sie gut 100 Jahre später zur Klosterkirche des neu gegründeten Klosters für zisterziensisch lebende Nonnen. Diese gaben 1475 auch den gotischen Chorbau in Auftrag. Aus ihrer Zeit stammt auch die einzig erhaltene Wandmalerei.  
Nachreformatorisch kamen zwei wertvolle Ausstattungstücke hinzu, die bis heute erhalten sind:  1575 die Sandsteinkanzel von Georg Schröter; 1737 die Orgel von Joachim Wagner.‘
Ins Blickfeld der Geschichte trat diese Kirche, als 1519 der junge Thomas Müntzer hier gegen die alte Lehre predigte und damit einen der ersten reformatorischen Predigtstreite überhaupt auslöste.

Im Kloster Zinna findet man den von Mönchen hergestellten Kräuterlikör "Klosterbruder". Er schmeckt hervorragend und dient der Gesundheit, natürlich in Maßen. Leider habe ich diesen Part zeitlich nicht geschafft - aber ganz bestimmt demnächst, wenn die Tage wieder länger und heller werden und die Bauerrei am Kloster Zinna beendet ist.

Kloster Zinna

Klosterkirche

Die Nicolaikirche - 1307 erstmalig erwähnt, entstand die große gotische Hallenkirche in ihren heutigen Ausmaßen wohl erst in den Folgejahren. Bis 1488 kam der Umgangschor hinzu, 20 Jahre später wurden die Türme vollendet. Aus dieser frühen Zeit stammen außergewöhnlich zahlreiche Kunstwerke vom Sakramentshaus, über Wandmalereien bis zu hin zu den zahlreichen Altarkunstwerken. 
Die Reformation prägte den Kirchenraum neu. Der reiche Schmuck der Kanzel und der Emporenbilder zeugt von der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg. Danach kamen Gestühl, neuer Altar und vor allem eine neue große Orgel hinzu. 
Heute besticht die Kirche sowohl durch ihren guten Erhaltungszustand, sowie durch eine Größe und einen Reichtum, der für den Fläming völlig untypisch ist. Sie zeugt damit von der großen Bedeutung der Kirche und der Stadt um 1500.

Seit der Reformation war Jüterbog eine evangelische Stadt. Im Jahr 1852 wurde eine katholische Missiongemeinde gegründet, die von Luckenwalde aus versorgt wurde. Die Messen wurden in Privathäusern gefeiert. Nach und nach wuchs die Anzahl der Katholiken an und damit der Bau von Kirchen.

Die Kirche Sankt Hedwig ist eine katholische Kirche in Jüterbog. Patronin ist Hedwig von Andechs, die Schutzheilige Schlesiens. Die Kirche liegt hinter dem Haus Große Straße 86, die Längsseite an der Schulstraße. Das Haus Große Straße 86 ist das Pfarr- und Gemeindehaus. Zwischen dem Pfarrhaus und der Kirche befindet sich die Tetzelkapelle, benannt nach dem Dominikaner Johann Tetzel, der 1517 in Jüterbog Ablassbriefe verkaufte.

Die Stadtverwaltung von Jüterbog

Das Rathaus Jüterbog steht unter Denkmalschutz. Das Gebäude ist 39 Meter lang und 16,5 Meter breit. Es ist ein Backsteinbau mit Satteldach. An der Seite befinden sich Ziergiebel. Vor dem Rathaus an der Nordseite hin befindet sich die 10,5 Meter breite und 9,5 Meter tiefe Gerichtslaube, die 1534 für den Prozess gegen Hans Kohlhase genutzt wurde. Sie ist heute der Haupteingang. Die Ausmalung der Balkendecke stammt aus dem Jahr 1928. 

Es gibt noch zu tun ...

Der Spitzbubenweg - eine Rundwanderung um die über tausendjährige Flämingstadt  Jüterbog

Das war meine Exkursion durch andere Zeiten - Jüterbog immer eine Reise wert

Jüterbog, die ehemals größte Garnisonsstadt der Sowjetarmee zu DDR-Zeiten (Schätzungen liegen bei ca. 40.000 Soldaten), hat mir besser gefallen als erwartet. Die historische Bausubstanz ist sehr gut erhalten, speziell die mittelalterliche Stadtbefestigung, die Stadttore und die Türme der Stadtmauer sind beeindruckend. Es ist schon alles mittelalterlich anmutend.