Vom gestrandeten Dampfer zum Gartenreich von Fürst Franz


15 km - Vockerode-Krägen Riss-Wörlitzer Park-Großes Walloch-Schloss-Neue Reihe


Der gestrandete Dampfer

Über viele Jahrzehnte hin waren seine vier großen Schornsteine verlässliche Landmarken, gebaut scheinbar für die Ewigkeit. Das Braunkohlekraftwerk Vockerode war Arbeitgeber und Energiespender für die Menschen im mitteldeutschen Braunkohlerevier.
Der „gestrandete Dampfer an der Elbe“, so genannt aufgrund seiner beeindruckenden Ausmaße und Gebäudeform, ging im Dezember 1938, nach nur eineinhalb Jahren Bauzeit, ans Netz. Knapp 60 Jahre später wurde das Kraftwerk Vockerode 1994 stillgelegt.
Noch immer — selbst nach der Sprengung der vier riesigen Schornsteine im Jahr 2001 und der Sperrung für den Besucherverkehr aus Sicherheitsgründen— prägt der „gestrandete Dampfer“ die Landschaft und zeugt von einer reichen Industriegeschichte.

Zahlen & Fakten

1937: Inbetriebnahme des Kraftwerks
1939: zweite Ausbaustufe vollendet
1945: Beginn von Demontagearbeiten und Abrissarbeiten bis auf die Grundmauern und zwei Schrägbandbrücken mit Kohlebunkern
1950: Neuaufbau des Kraftwerkes als eines der ersten der DDR
1967: Bau der Fernwärmeversorgungsanlagen
1994: Abschaltung des Kraftwerkes
1998: Standort der Landesausstellung Sachsen-Anhalt
1999: Ausstellung "unter strom"
1999 - 2009: Aufführungen des Schauspiels "Marquis de Sade"
2001: Sprengung der vier Schornsteine

Ursprünglich sollte das Kraftwerk, das von 1937 bis 1942 in Vockerode gebaut worden war, das 130 Kilometer entfernt gelegene Berlin mit Strom versorgen. Aber der Zweite Weltkrieg machte diese Pläne zunichte. Nach Kriegsende wurden zwei Jahre lang fast alle Geräte des Werkes als Reparationsleistungen demontiert und in die Sowjetunion verfrachtet. Doch die Tage des Werks waren noch nicht gezählt: 1953 begann man in Vockerode, sechs Jahre lang das ausgeräumte Kohlekraftwerk wieder aufzubauen und sogar um einen zweiten Bau zu erweitern. Ab 1968 wurde die Stadt Dessau von hier aus über eine 15 Kilometer lange Leitung mit Fernwärme versorgt und es wurde eine 40 Hektar große Gewächshausanlage zum Anbau von Gurken und Tomaten mit der Wärme aus dem Kraftwerk beheizt.

Fast 60 Jahre lang prägte das Kraftwerk das Leben in Vockerode. Heute stehen die Maschinen still. Vieles von dem ist längst nicht mehr zu sehen: Die Gemüsebeete sind verschwunden, die Gewächshäuser abgerissen und viele der Maschinen und Geräte, die hier einmal im Einsatz waren, wurden seit der Stilllegung demontiert und entsorgt. Selbst die riesigen Schornsteine, einst schon von weitem sichtbares Wahrzeichen der Ortschaft, wurden vor zehn Jahren gesprengt. Doch was geblieben ist, ist eindrucksvoll genug: Mannshohe Isolatoren, hochhausgroße Öfen, eine Halle von 30 Metern Höhe und 270 Metern Länge. Schaltanlagen und Steuerungsstände, die wie aus einer anderen Welt wirken. Und über allem eine dicke Ruß- und Staubschicht. Die Anlage erinnert von innen eher an ein verlassenes Raumschiff als an ein Kraftwerk. Immer wieder wurden und werden die beeindruckenden Räume für Ausstellungen und Kunstaktionen benutzt, etwa für das Aktionstheater "Marquis de Sade", das hier von 2006 bis 2009 gastierte. Oder für die sachsen-anhaltinische Landesausstellung 1998 mit dem Titel "Mittendrin". Von der Ausstellung künden heute noch ein paar farbige Beleuchtungen in der Industrieruine und verwaiste Möbel in einigen Räumen, die einfach hier zurückgelassen wurden.

Von 1998 bis 2013 öffneten sich die Tore der ehemaligen Kraftwerksanlagen weit für ihre Besucher. Das Industriedenkmal Vockerode bestach durch die erhaltene Ursprünglichkeit einer monumentalen, ästhetisch-schönen Industriearchitektur. Auf einer 40 Meter hohen Aussichtsplattform lockte ein beeindruckender Panoramablick.

Heute ist das ehemalige Kraftwerk aus Sicherheitsgründen nicht mehr zugänglich. Doch der "gestrandete Dampfer" ist noch immer von nah und fern zu sehen und zeugt von einer reichen Industriegeschichte.

Der Wörlitzer Park - Das Gartenreich vom Fürst  Franz von Anhalt-Dessau

„Hier ists jetzt unendlich schön. […] Das Buschwerk ist in seiner schönsten Jugend, und das Ganze hat die reinste Lieblichkeit …“, schrieb Johann Wolfgang von Goethe 1778 über den damals ganz neuen Wörlitzer Park. Begeistert wie der Dichterfürst sind Besucherinnen und Besucher des einzigartigen Landschaftsgartens bis heute.

Als erster Landschaftsgarten nach englischem Vorbild auf dem europäischen Festland ist der Wörlitzer Park im Gartenreich Dessau-Wörlitz ein herausragendes Beispiel für die Landschaftsgestaltung zur Zeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert. Neben der ästhetischen Gestaltung einer Landschaft unter pädagogischen Gesichtspunkten war vor allem die Umsetzung philosophischer und politischer Ziele von zentraler Bedeutung. Das Gartenreich Dessau-Wörlitz wurde 2000 zum UNESCO-Welterbe ernannt.

Ausgangs- und Höhepunkt der einzigartigen Landschaftsgestaltung ist der Wörlitzer Park, der zwischen 1765 und 1813 von Leopold III. Friedrich Franz, Fürst und Herzog von Anhalt-Dessau (1740 – 1817) und seinem Berater, dem Architekten Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff, gestaltet worden ist. Zahlreiche Anregungen fanden sie auf Bildungsreisen – den sogenannten Grand Tours - in England, Frankreich, Italien und den Niederlanden. Der Venustempel oder das Pantheon im Ostteil des Gartens erinnern an römische Vorbilder. Das Schloss im englischen Landhausstil gilt als Gründungsbau des Klassizismus in Deutschland. Heute beherbergt es unter anderem antike Plastiken, Gemälde und Gefäße der berühmten Wedgewood-Manufaktur. Die aufklärerischen und pädagogischen Absichten der Bauherren zeigen sich in der Offenheit der Anlage: Kein Zaun trennte den Garten von der Stadt, jedermann hatte freien Zutritt und konnte sogar das Schloss besichtigen.

Sechs Parkanlagen und zahlreiche Kleinarchitekturen fügen sich so in die Wiesen und Wälder an Elbe und Mulde ein, dass sie dem gesamten Landstrich den Charakter eines Parks von unendlicher Weite verleihen. Das klassizistische Schloss Luisium mit dem englischen Garten, das Rokoko Ensemble Mosigkau, der Landschaftspark Großkühnau und das Georgium, in dessen Schloss sich die Anhaltische Gemäldegalerie befindet, bilden eine Einheit mit dem barocken Stadt-, Schloss- und Parkensemble Oranienbaum und dem bedeutendsten Teil, den Wörlitzer Anlagen. Die Kulturlandschaft bietet ganz im Sinne ihres Schöpfers Erholung, Bildung, Kunst und Kultur, egal ob man als Aktivurlauber die Gartenreichtour Fürst Franz – einen 70 km langen Rundweg – erkundet, oder gemütlich im Panoramawagen der Dessau-Wörlitzer Eisenbahn reist, die von April bis Oktober von Dessau über Oranienbaum nach Wörlitz tourt.

Quellenangabe: Text und Bild sind zum Teil Auszüge aus Wikipedia und Internet